Einbettmedien für Diatomeen unter anderem Aspekt betrachtet

Fast alle Literaturstellen, die einen Beitrag zu Einbettmedien für Diatomeen liefern, betrachten in erster Linie den Brechwert, dann die Haltbarkeit und Herstellung, bzw. die Bezugsquelle. Bestimmt ist das nicht falsch, denn ein großer Sprung im Refraktionsindex bewirkt auch einen hohen Kontrast.
Will man aber zu höchsten Auflösungen in der Feinstruktur der Diatomeen gelangen, so ist auch eine andere Eigenschaft des Mediums gefragt. Auflösung erreicht man durch hohe Aperturen sowohl bei Objektiv, wie auch bei Kondensor, selbstverständlich immergiert. Eine weitere Steigerung der Auflösung dann durch Anwendung einer schiefen Beleuchtung oder auch DIC. Wenn diese Grenzen ausgeschöpft sind kann man noch den Versuch unternehmen die Beleuchtungswellenlänge in den Blau- oder UV-Bereich zu verlagern. Aber so einfach geht es nicht.

Der alte Spruch - eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied - triff nun deutlich zu. Wer macht sich schon Gedanken über die Transmission der Objektträger, Deckgläser und Einbettmedien? Will man also in den Bereich von 360nm - 390nm vordringen, so steht zunächst die Prüfung der Komponenten an.

Medien :
Wie bereits im Eingang angesprochen, benötigt man zum Erreichen höchster Auflösung eine möglichst kurze Wellenlänge. Hier kommt nun der kritische Punkt, denn nicht der Brechwert, sondern die Transmission des Einbettmediums entscheidet was als kürzeste Wellenlänge noch zur Anwendung kommen kann. So war die Aufgabe alle verfügbaren Medien am Spektrometer zu messen. Auf einen Objektträger kam ein Tropfen Medium, darauf das Deckglas, was in der Schichtdicke durch 15µm Alustücke auf Abstand gehalten wurde. Nach einer Trocknung von >24h bei 50°C folgte die Messung.

An einem Zeiss Monochromator M4QIII wurde jeweils der Bereich von 300nm - 500nm untersucht. 100% Transmission kann nicht erreicht werden, da sowohl am Objektträger, wie auch am Deckglas ein Luft-Glas-Übergang ist. Je Glas-Luft-Fläche muß mit ~ 4,2% Reflexionsverlust gerechnet werden, Summe also ~8,5%. Dazu noch geringe Verluste im Glas, so dass im Idealfall eine maximale Transmission von ~90% erreicht werden kann.

Mehrere unterschiedliche Medien standen zur Verfügung. Eine "Leermessung" mit Luft als Medium zeigt die Grenze der UV-Transmission vom Träger und Deckglas.
Referenzmessung mit Luft nD=1,00

die Messung zeigt, dass bis zu 365nm keine störende Absorption erfolgt. Für Glas mit nD = 1,512 errechnet sich eine Reflexion je Fläche zu 4,15%. Bei den 4 Flächen also nur noch eine Transmission zu 83,4%. Dieser Wert stimmt sehr gut mit der Messung überein.
Caedax von Merck nD=1,56 n.Angabe , gemessen 1,560

ein altes, leider nichtmehr lieferbares Medium, welches eine ausgezeichnete UV-Transparenz zeigt. Der Brechwert ist für Diatomeen nicht besonders geeignet, jedoch können durch Kontrastverstärkung in der Bildverarbeitung die schwachen Kontraste etwas ausgeglichen werden. Dass die moderne Aufnahmetechnik die schwachen Kontraste gut verkraftet soll das Bildbeispiel zeigen.
Beispiel
Ergänzung der Brechwerte : n=1,578 @ 385nm ; n=1,567 @ 455nm ; n=1,558 @ 1000nm
DePeX nD=1,564

ein Eigenansatz aus etwas Styropor und Xylol, hat wie das alte Caedax eine sehr gute Transmission, aber in anderen Punkten, wie Haftung an Glas, keine so günstigen Eigenschaften. Wer aber gerne selbst "köchelt", der kann ohne große Umstände das DePeX selbst mixen. Wichtig ist, dass nicht zuviel Xylol zugegeben wird. Weiter muß durch lange Standzeit, oder durch Vakuumbehandlung versucht werden alle feinste Luftbläschen zu entfernen. Nur so wird es ein brauchbares Medium mit kleinen Einschränkungen erreicht.
Beispiel
Aroclor nD=1,665 n.Lit. Göke MK 1973

von Gerhard Göke in einem Artikel im MK 1973 "Ein neues Diatomeen-Einschlußmittel mit hoher Brechzahl: Aroclor" beschrieben. Auch dieses Mittel ist nicht im Handel, wohl aber bei manchen Mikroskopikern noch im Schrank zu finden. Es zeigt bereits eine deutliche Absorption bei 365nm, ist aber in dünnen Schichten noch UV verträglich. Der Brechwert von 1,644 wurde nach einer Trocknung über 48 Std. bei 60°C gemessen. Nach 6 Tagen dann 1,652. Vermutlich sind auch in meiner Probe noch Werte >1,660 nach längerer Zeit zu messen.
Naphrax nD=1,650 - 1,73 , n.Lit. Prof. Meller MK 1985 nD=1,69

Naphrax vom Biologie-Bedarf Thorns ist ein Spezial-Einschlußmittel für Diatomeen mit der Brechwertangabe von 1,71. Das Harz ist in Toluol gelöst und hatte bei meinen ersten Messungen nur nD = 1,65. Erst mit der Trocknung steigt der Wert stark an. Der Brechwert von 1,73 konnte zwar erreicht werden, aber dann ist es eine sehr zähe Masse. Durchaus noch gut ist die UV-Transmission bis zu 365nm, sehr ähnlich zu Aroclor.
Weiter wird Naphrax von Fa. Brunel LtD in England vertrieben. Da das Harz ohne Lösungsmittel verschickt wird, muß nach Erhalt Toluol zugegeben werden. Nach 5 Tagen Trocknung konnte ein Wert von nD = 1,645 gemessen werden. Tendenz - steigend.
Ergänzung der Brechwerte (Fa.Brunel) : n=1,699 @ 385nm ; n=1,678 @ 455nm ; n=1,641 @ 1000nm
Styrax nD=1,573 flüssig gemessen, nach 5Min. bei 130°C nD=1,583 ; wird weiter beobachtet


Herkunft der Probe Fa. Croma. Nach Literatur liegt der Brechwert bei 1,58 - 1,63. Styrax ist ein flüssiger Balsam aus der Rinde von Liquidambur orientalis. Der im Handel erhältliche Styrax ist für Einschlußzwecke nicht ohne Reinigung zu verwenden, da er mit festen Bestandteilen oft stark verunreinigt ist und zudem oft größere Mengen Wasser beinhaltet.
Die sonstigen Eigenschaften von Styrax sollen sehr gut sein.
Ergänzung der Brechwerte : n=1,611 @ 385nm ; n=1,594 @ 455nm ; n=1,566 @ 1000nm
ZRAX nD=1,690 - 1,704

ein sehr geeignetes Medium mit hohem Brechwert und guter UV-Transmission, was leider kaum noch erhältlich ist. Ebenfalls in Toluol gelöst zeigt es die besten Ergebnisse bei Diatomeen-Präparate. Schon im flüssigen Zustand wird ein Wert von nD = 1,690 erreicht.
Herkunft der Probe nicht exakt bekannt.
ZRAX nach Prof. Dailey nD >= 1,7 nach Angabe , gemessen nach 4 Tagen Trocknungszeit nD = 1,690
Ergänzung der Brechwerte : n=1,756 @ 385nm ; n=1,719 @ 455nm ; n=1,680 @ 1000nm


Originalprobe aus USA
Pleurax nD=1,685 - 1,750 , n.Lit. 1985 MK Pleurax nach Stosch nD=1,73

je nach Synthese, Lösungsmittel und Anteile des Lösungsmittels im Harz schwankt der Brechungsindex recht stark, ebenso die Transmission. Allerdings wird ein Wert von nD=1,750 sonst von keinem anderen Medium erreicht. Für eine Diatomeeneinbettung also ein recht interessantes Mittel, was aber leider auch jede Beobachtung im UV-Bereich sehr erschwert bis unmöglich macht und für höchste Auflösungen nicht eingesetzt werden sollte. Die "Poren" der Amphipleura pellucida sind bei Wellenlängen von 450nm nicht auflösbar, Wellenlängen unter 400nm werden aber vom Medium fast total absorbiert. Somit nutzt der hohe Brechwert und gute Kontrast bei Diatomeen nur für die Weißlichtbeobachtung.

Mountex nD=1,67 , n.Herstellerangaben , gemessen nD=1,664

In frischem Zustand mit Lösungsmittel Toluol wurde ein Brechwert von nD=1,60 gemessen. Erst nach mehreren Tagen im Trockenschrank bei ca. 65°C wurde langsam der erwartete Wert gemessen.
Es ähnelt im Transmissionsverlauf an Naphrax. Ebenso zeigt die Fluoreszenz ähnliche Stärke und Farbe wie Naphrax.

ACHTUNG das gemessene Mountex wird nichtmehr geliefert und stammt vermutlich von Merck

Speedax ne=1,75 , n.Herstellerangaben, bis 1,80 bei 436nm

Speedax ist in Aceton gelöst, aber auch in Alkoholen Ethanol , iso Propanol löslich. Schwer löslich in Toluol , Xylol. Unlöslich in Wasser Petrolether , Cyclohexan. Es ähnelt im Transmissionsverlauf an Pleurax.

Speedax ist durch G. Abele 73434 Aalen zu beziehen und frei verkäuflich für Privatpersonen

Soll ein Einschlußmedium auch für eine Fluoreszenzbeobachtung verwendet werden,so ist die Eigenfluoreszenz des Mediums zu untersuchen.

Beispiele sollen verdeutlichen, wie unterschiedlich diese Erscheinung sich zeigt.
Aroclor , Caedax , DePeX und Pleurax zeigen praktisch keine Eigenfluoreszenz.
Hingegen leuchten Naphrax , Styrax und Zrax recht kräftig auf.

Zusammenfassung:
Es soll mit den Messungen gezeigt werden, dass es nicht nur auf den Brechwert des Einschlußmittels ankommt, sondern auf die anstehende Aufgabe für die das Präparat hergestellt wird. Höchste Auflösung von Feinstrukturen in Diatomeen erfordern kürzeste Wellenlängen. Verbaut man sich aber durch ein gelbes Medium die Durchsicht im UV-Bereich, so helfen auch später keine Tricks mehr, das Präparat ist dann ungeeignet. Einen Test habe ich dazu mit A. pellucida in Pleurax gemacht - es ist nicht gelungen die Poren mit Abständen im Bereich von 170nm zu dokumentieren.


Gerade Pleurax erfreut sich einer zunehmenden Beliebtheit, denn es gibt einige "Kleinlabors" die Pleurax herstellen. Wer also Pleurax zum Medium seiner Wahl macht, sollte wissen, wo damit auch automatisch die Grenzen gesetzt werden.

Literatur in
MK 1985 S. 55 - 59 von Prof. A.Meller "Einschlußmittel mit hohem Brechungsindex für Diatomeen".
MK 1959 S.376 - 383 von E. Beck "Beobachtungs- und Einschlußmittel für Diatomeen".
MK 1973 S. 278 - 281 von G. Göke "Ein neues Diatomeen-Einschlußmittel mit hoher Brechzahl : Aroclor"
MK 1959 S. 376 - 383 von E. Beck " Beobachtungs- und Einschlußmittel für Diatomeen"
MK 1931/32 S. 46 - 50 von Prof. Migula "Die Beobachtung- und Einschlußmittel für Diatomeen"
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Peter Höbel . Juli 2021